Die Kümmerer
Die Kümmerer
Vor 40 Jahren gründete Tony Arthur Farkas die Norddeutsche Betriebsberatung (NBB). Es war die Geburtsstunde des Bauspezi-Konzepts, von dem heute mehr als 110 mittelständische Unternehmen in Deutschland profitieren. Das Erfolgsgeheimnis: Konsequente Marktbeobachtung, passgenaue Lösungen für die individuellen Bedürfnisse der Partner vor Ort, personelle Kontinuität und kontinuierliche Weiterentwicklung des Konzepts.
Dortmund ist mit Baumärkten gut bestückt. Marktführer Obi fehlt zwar. Dafür ist Hornbach ebenso vor Ort wie Bauhaus, die Mannheimer sogar mit gleich zwei Filialen. Dazu kommen Lokalmatador Hellweg und ein paar andere Unternehmen, unter ihnen das Baucentrum Rubart. Das im Jahr 1967 gegründete Familienunternehmen hat zwei Standbeine: Baustoffgroßhandel und DIY-Einzelhandel. Ein klassischer Kombistandort mit kompetenter Beratung für Profis und Heimwerker.
Dass Rubart im wettbewerbsintensiven deutschen DIY-Business mit den „Großen“ mithalten kann, dafür sorgt auch die Unterstützung aus der NBB-Systemzentrale in Rodenberg bei Hannover. Und das seit (fast) 4C Jahren. Nachdem Tony Arthur Farkas die Norddeutsche Betriebsberatung 1982 gegründet hatte, war Rubart ein Jahr später der erste Partner des NBB-Franchisekonzepts Bauspezi. Dies war wiederum die Keimzelle für alle weiteren Franchisekonzepte, die heute von Rodenberg aus gemanagt werden, darunter zum Beispiel Egesa Gartencenter, Kiebitzmarkt und das Discount-Konzept Bauaktiv als jüngster Spross.
40 Jahre NBB ist also gleichbedeutend mit 40 Jahre Bauspezi, obwohl Bauspezi streng genommen erst im kommenden Jahr runden Geburtstag hat. Das Jubiläum begeht die Gruppe in großem Stil, gefeiert wird das ganze Jahr über mit verschiedenen, monatlich wechselnden Aktionen, nach außen hin gut sichtbar mit Plakaten, Luftballons und Ansteckbuttons für die Mitarbeiter in den 80 Bauspezi-Märkten bundesweit. Außerdem hat die Werbebeilage ein Jubiläumsdesign erhalten. Die Jubiläumsangebote — es gibt sowohl Aktionen mit Markenherstellern als auch mit der Eigenmarke — werden nicht nur im Handzettel, sondern natürlich auch über die Websites der Partnerunternehmen, in Newslettern sowie über die verschiedenen Social-Media-Kanäle beworben. Für die Kunden gibt es darüber hinaus verschiedene Gewinnspiele, bei denen sie Sachpreise und Einkaufsgutscheine gewinnen können.
Nach innen hin betrachtet, geht es für Bauspezi im Jubiläumsjahr unter anderem darum, das Zusammengehörigkeitsgefühl weiter zu stärken. „Nicht jeder unserer Partner ist seit 40 Jahren dabei“, bemerkt Bauspezi-Chef Thomas Herzner im Gespräch mit unserer Redaktion. Auch diese Unternehmen wolle man bei den Feierlichkeiten zum Jubiläum abholen und mitnehmen.
Dabei sind die „Bauspezis“ ohnehin eine starke Gemeinschaft. Die Baumärkte der 110 Partner sind mit Verkaufsflächen von durchschnittlich 1.500 bis 2.000 Quadratmetern eher klein als groß und als Nahversorger in der Regel abseits von Großstädten und urbanen Ballungsräumen zu finden. Standorte wie die von Rubart oder beispielsweise auch von K&M Baumarkt in GosenNeu Zittau südöstlich von Berlin (der mit rund 6.000 Quadratmetern größte Bauspezi-Markt) bilden die Ausnahme.
Regelmäßige Analysen
Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal zu anderen Franchisegebern und den Verbundgruppen sind nach Überzeugung der Verantwortlichen in der Zentrale die individuelle, engmaschige Betreuung der Partner und der familiäre Austausch untereinander. Machen an einem Standort die Zahlen Sorgen, „fahren wir hin und schauen, woran es liegen könnte. Wir fühlen uns mitverantwortlich dafür, dass das Geschäft vor Ort erfolgreich läuft“, sagt Herzner. Damit es überhaupt nicht erst zu Sorgen kommt, wird jeder Standort regelmäßig auf seine Stärken, Schwächen und das Wettbewerbsumfeld hin analysiert, das Sortiment entsprechend angepasst.
Ein Beispiel: Befindet sich im Umfeld eines Bauspezi-Markts ein Wettbewerber mit ausgeprägter Kompetenz im Bereich Werkzeug und Maschinen, wird diesem Segment beim jeweiligen Partnerunternehmen entsprechend weniger Gewicht verliehen, wobei die Märkte entsprechend ihrer Nahversorger-Funktion grundsätzlich mit einem DIY-Vollsortiment ausgestattet sind. Verglichen mit den Big Boxes der großen Ketten müssen selbstverständlich Abstriche in Sortimentsbreite und -tiefe hingenommen werden.
„Die Kunst liegt nicht im Weglassen von Sortimenten, sondern vielmehr in der Wahl der richtigen Sortimente, die auf die Kundenansprüche des Partners vor Ort angepasst sind“, erläutert Einkaufsleiter Dirk Mende. Ergänzt werden die Bauspezi-Flächen bei Bedarf durch die NBB-Konzepte Egesa für Gartenflächen, Fachgeschäfte für Tier + Garten für Tiernahrungsbedarf oder auch durch eine kooperative Baustofflösung für Profis und Heimwerker.
„Optimierungs-Franchising“ mit hoher Flexibilität
Mit der Strategie des intensiven Kümmerns ist die Gruppe seit nunmehr 40 Jahren gut unterwegs, zumal die Zentrale auch zahlreiche Marketingtools für die Partner zur Verfügung stellt. Neben der Beilage als nach wie vor wichtigstem Werbemittel betreuen die Verantwortlichen auch die digitalen Kanäle von Website bis Social Media — wie am Standort auch hier nicht nach dem Gießkannen-Prinzip, sondern fein abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse eines jeden Partnerunternehmens. „Optimierungs-Franchising“ nennt Marketingchef Dr. Jochen Wesemeier den Ansatz. „Ich kenne kein anderes Franchisesystem in Deutschland, das derart flexibel auf die Bedürfnisse seiner Partner eingeht“, betont er. Die Flexibilität geht sogar so weit, dass jeder Partner in der Werbung (Handzettel wie digitale Kanäle) mit individuellen Preisen in seinem Marktumfeld auftreten kann.
Wesemeier, 25 Jahre im Unternehmen, steht wie die beiden Geschäftsführer Thomas Herzner und Jürgen Sauer (beide 27 Jahre dabei) für personelle Kontinuität bei NBB und Bauspezi. Die Partner schätzten die langjährige Erfahrung des Führungsteams, so Herzner, wobei man auch den absehbaren Generationenwechsel nicht aus den Augen verliert. So hat im vergangenen Jahr die Bauaktiv-Leiterin Julia Ganski ebenso Prokura erhalten wie Einkaufsleiter Mende.
Die Corona-Krise haben Partner wie Zentrale bis dato gut gemeistert. Der Boom aus 2020 hat sich dabei auch bei Bauspezi im vergangenen Jahr nicht verstetigt. „Wir haben weniger Umsatz gemacht, sind aber zufrieden, wenn wir auf die Begleitumstände achten“, resümiert Herzner. Die Gruppe habe durch Corona keinen Partner verloren, alle Unternehmen hätten vorausschauend gewirtschaftet. Eine Prognose wagt der Geschäftsführer aufgrund der nach wie vor volatilen Rahmenbedingungen nicht. „Unsere Partner sind froh, dass das Frühjahrsgeschäft gut angelaufen ist“, sagt er. Vielen mache der Krieg in der Ukraine Sorgen: „Es sind Ängste da, deshalb ist es wichtig, dass wir als Verantwortliche in der Zentrale Zuversicht vorleben.“
Zu kurz gekommen ist zuletzt—wie überall in der Branche — der persönliche Austausch. Videokonferenzen sind zwar inzwischen fester Bestandteil der Bauspezi-Kommunikation. Dennoch ist die Sehnsucht nach gemeinsamen Aktivitäten groß. Nachdem die sogenannten Partnertage zuletzt ausgefallen waren, soll es am 12. und 13. November in Köln (im Rahmen des Eurobaustoff-Forums) endlich wieder so weit sein. Herzner freut sich bereits auf „Reden, Essen, Trinken“ beim geplanten Wiedersehen, in dessen Rahmen natürlich auch das Jubiläum gebührend gefeiert werden soll.
In Sachen Expansion ist momentan — auch pandemiebedingt — nicht allzu viel Bewegung. Weiße Flecken gibt es nicht mehr viele. „Die Expansion läuft nicht mehr so rasant wie noch vor zehn, fünfzehn Jahren“, weiß Herzner. Interessenten gebe es zwar immer wieder, allerdings sei die Finanzierung schwieriger geworden. Chancen sieht der Geschäftsführer mit Blick auf die digitalen Vertriebskanäle, hier habe Bauspezi sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt und biete seinen Partnern ein Rundum-Sorglos-Paket an. „Sämtliche Maßnahmen folgen der primären Zielsetzung, die Frequenz auf der Verkaufsfläche zu erhöhen und somit den Marktanteil unserer Partner nicht nur zu sichern, sondern auszubauen“, erläutert er. In diesem Zusammenhang könnte es sein, „dass Partner vielleicht neu verteilt werden“, meint Herzner, der mit seinem Team weiter auf dem Gaspedal steht und demnächst ein neues ERP-System einführen will, das die bestehende, NBB-eigene Lösung ablösen soll.
Siebter Bauaktiv-Markt steht in den Startlöchern
Hinsichtlich der Expansion des noch jungen, 2019 gegründeten Discount-Konzepts Bauaktiv sind die Niedersachsen weiterhin am Ball. Quasi täglich könnte der siebte Standort in Bad Nenndorf nahe der Zentrale in Rodenberg eröffnet werden. Der Investor, dem auch die Immobilie gehört, steht bereit, doch die Gemeinde ziert sich noch mit der Genehmigung. „Wir haben im Herbst mit der Planung begonnen, es kann jeden Tag losgehen“, sagt Herzner. Darüber hinaus gebe es Planungen für zwei bis drei neue Bauaktiv-Märkte in Süddeutschland.
Fest terminiert ist der Start des Bauaktiv-Onlineshops, Ende Mai soll es so weit sein. Den Versand der Bestellungen übernimmt ein externer Fulfillment-Dienstleister, die Partner sollen „sinnvoll eingebunden werden“, so Herzner, der nach dem Start „erstmal die Prozesse üben und schrittweise dazulernen“ will. Der Shop könnte dann auch Blaupause sein für einen Bauspezi-Onlineshop. Dort ist allerdings die Komplexität noch höher, weil das Sortiment größer ist. Eine E-Commerce-Lösung für die Partner soll es aber auf jeden Fall geben.